Foto: Salongalerie Die Möwe (Lotte Laserstein)

KLASSE DAMEN! 100 Jahre Öffnung der Berliner Kunstakademie für Frauen

Ab März 1919 durften Frauen an der Königlichen Kunstakademie in Berlin studieren. Bis dahin waren sie auf Privatlehrer, überteuerte „Damenklassen“ oder Kunstgewerbeschulen angewiesen. Ihre Wege zeigen einen hoffnungsvollen Anfang vor oder während der Weimarer Republik: Aufgewachsen in der Kaiserzeit erlebten sie eine dynamische gesellschaftliche Entwicklung, die in der Erlangung des Wahlrechts für Frauen kulminiert. Endlich war auch die Kunstakademie zugänglich und damit eine Professionalisierung als Künstlerin – nicht mehr nur Kunsthandwerkerin – möglich. Doch ihre Hoffnung auf eine berufliche Etablierung und breite institutionelle Anerkennung brach mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zusammen. Viele der Künstlerinnen erlebten nun Ausgrenzung und Flucht; ihr Œuvre wurde zerstreut,  im Krieg zerstört und bald vergessen. Die wenigen musealisierten Werke liegen heute in Archiven und Depots – viele davon in Berlin. Nur sehr wenige wie Hannah Höch, Renée Sintenis, Jeanne Mammen und jüngst Lotte Laserstein haben den Weg in die Sichtbarkeit geschafft.

Die Künstlerinnen, die für KLASSE DAMEN! ausgewählt wurden, manifestieren in ihren Landschaften, Porträts und Alltagsbildern eine große Stildivergenz. Sie gehören in das Umfeld von Sezession und Novembergruppe und öffnen sich ersten Formen der Abstraktion. Wenn Hannah Höch bewusst mit der formalen und ikonografischen Tradition bricht und inhaltlich an gesellschaftliche Tabus rührt, stellt das ihren großen Mut unter Beweis. Andere begehen künstlerisch traditionellere Wege, doch ist ihnen allen eines gemeinsam: Das Selbstbewusstsein, als Frau in eine Männerdomäne aufzubrechen und sich darin zu behaupten.

Um das Selbstverständnis von Frauen im Kunstbetrieb heute geht es auch den zeitgenössischen Künstlerinnen von KLASSE DAMEN! In der Bezogenheit oder Abgrenzung zu den Werken der ersten Generation der Berliner Moderne öffnen sie einen visuellen Raum, um im aktuellen gesellschaftspolitischen Diskurs Geschlechterfragen kritisch zu reflektieren. KLASSE DAMEN! versteht sich als Anstoß für eine öffentlichkeitswirksame Reflexion über Fragen, die damals wie heute virulent sind. 

Die Ausstellung basiert auf einem Konzept von Ines Doleschal von 2017. Sie kuratierte die Ausstellung zusammen mit Ellen Kobe und Karin Scheel, künstlerische Leiterin des Schlosses Biesdorf.

Ausstellung fand vom 17.6. bis zum 13.10.2019 statt.

Schloss Biesdorf
Alt-Biesdorf 55
12683 Berlin
www.schlossbiesdorf.de

Pressestimmen:

Berliner Zeitung_22 Juni 2019

TAZ 6. Juli 2019